CLASSICS 180° – Was Sie erwartet
So haben Sie Lullys Orchestersuite aus «Le Bourgeois Gentilhomme» und Mozarts grosse, abgründige Sinfonie Nr. 40 in g-Moll noch nie erlebt: in einer Choreografie, bei der die Musiker*innen selbst zusammen mit den Tänzern Juan Kruz Díaz De Garaio Esnaola und Martí Corbera zu tanzen beginnt. Dirigent David Greilsammer und seiner unerschrockenen Geneva Camerata ist mit «La Danse du Soleil» laut der New York Times «eine der besten Aufführungen des Jahres» gelungen. Hier gibt es einen Trailer zu diesem vielbeachteten Projekt.
DO, 20*03*25
ZÜRICH, 20.00 UHR
FR, 21*03*25
GENF, 19.30 UHR
Ein junges Ensemble und viele junge Mitglieder – das ist die 2013 gegründete Geneva Camerata. In Genf beheimatet, hat es sich das Orchester zum Ziel gesetzt, klassische Musik einem grösseren Publikum zu öffnen. Dafür arbeitet man genreübergreifend mit Akteuren aus Pop und Jazz, Tanz, Theater und anderen Künsten zusammen, von Brad Mehldau über Isabelle Adjani bis zum Rapper Abd al Malik. Aber auch mit Klassikgrössen wie Patricia Kopatchinskaja, Thomas Hampson und Daniel Hope stand die Camerata bereits auf der Bühne. Diese Vielfalt spiegelt sich in den drei Konzertserien, die in Genf angeboten werden: traditionelle Formate, Experimentelles, Familienkonzerte. Über das aktuelle Projekt «Dance of the sun», bei dem die Musiker selbst zu Tänzern werden, befand die New York Times, es sei «eine der besten Aufführungen des Jahres».
Pianist, Dirigent, Konzeptkünstler: Mit diesen Schlagworten lässt sich das Tätigkeitsfeld von David Greilsammer wenigstens ansatzweise abstecken. Nach seinem Studium an der New Yorker Juilliard School machte der in Jerusalem geborene Greilsammer zunächst mit ungewöhnlichen Soloprogrammen Schlagzeilen: In Paris und Verbier spielte er sämtliche Klaviersonaten Mozarts, auf seinen CDs kombiniert er Beethoven und Crumb, Lully und Janaček. Parallel hierzu tat er sich immer öfter als Dirigent hervor; mittlerweile hat er die grossen Sinfonieorchester von London, Tokyo, San Francisco und Paris geleitet. 2013 gründete Greilsammer die Geneva Camerata, die es ihm ermöglicht, neue künstlerische Wege zu beschreiten. Zudem übernahm er 2022 das Philharmonische Orchester Medellín als Chefdirigent und Künstlerischer Leiter.
Der im baskischen Legazpi geborene Juan Kruz Díaz Garaio De Esnaola ist eigentlich Sänger; in San Sebastián und Amsterdam wurde er zum Countertenor ausgebildet. Durch die Zusammenarbeit mit dem Choreographen Marcelo Evelin lernte er, den eigenen Körper als Ausdrucksmittel einzusetzen, und wandte sich von da an immer mehr dem Tanz zu. Nach Tätigkeit an verschiedenen europäischen Bühnen wurde er 1995 Mitglied des legendären Berliner Ensembles «Sasha Waltz & Guests», dem er bis 2022 angehörte. Darüber hinaus setzt er sich immer wieder für Kooperationen zwischen Tanz und Musik ein, etwa in seinem Bach-Projekt «III», zusammen mit Midori Seiler und Martí Corbera. Díaz Garaio De Esnaola gibt Workshops und Meisterkurse auf der ganzen Welt und ist Gastprofessor an der renommierten Folkwang Universität der Künste Essen.
Dem 1997 in Barcelona geborenen Tänzer Martí Corbera wurde schon früh ein aussergewöhnliches Talent bescheinigt. Zunächst konzentrierte er sich auf den Flamenco und war Teil von Ensembles wie der Schweizer Kompagnie «Flamencos en Route» oder dem spanischen «Ballet Flamenco de Andalucía». Hier tanzte er unter Patricia Guerrero, Sara Jiménez und Karen Lugo, die für eine Öffnung und Erweiterung des klassischen Flamenco stehen. Auf dieser Basis begann Corbera selbst, mit modernen Tanzformen und anderen Kunstdisziplinen zu experimentieren; im Tänzer Juan Kruz Díaz De Garaio Esnaola und der Geneva Camerata fand er wichtige Mitstreiter. Derzeit entwickelt er ein eigenes Tanzprojekt zusammen mit der Theatermacherin Eleán del Sol unter dem Titel «Amor vincit omnia».
Die legendäre Zusammenarbeit zwischen dem Dichter Molière und dem Komponisten Jean-Baptiste Lully fand ihren Höhepunkt in der Aufführung der Ballett-Komödie «Le Bourgeois Gentilhomme» («Der Bürger als Edelmann»). Im Zentrum des Schauspiels steht der eitle Monsieur Jourdain, der sich Ruhm und Ansehen mit Geld erkaufen will. Neben kleineren Gesangsnummern steuerte Lully vor allem instrumentale Stücke bei: eine Ouvertüre, Tänze und Zwischenaktsmusiken. Glanzstück der Suite ist die «Cérémonie pour les Turcs», ein musikalischer Seitenhieb auf das Osmanische Reich, mit dem König Ludwig XIV. gerade mal wieder über Kreuz lag.
Wolfgang Amadeus Mozarts drei letzte Sinfonien geben bis heute Rätsel auf. Weder Anlass noch Uraufführung sind bekannt, auch zum Kompositionsprozess selbst fehlen gesicherte Informationen. Man kann also nur spekulieren, was den 32-Jährigen bewogen hat, drei so unterschiedliche Werke gleichzeitig zu konzipieren, darunter eines seiner abgründigsten, die Sinfonie in g-Moll. Der zu Beginn angeschlagene fatalistische Ton wird konsequent durchgehalten, nur im berückend schönen langsamen Satz hellt sich die Stimmung kurzzeitig auf. Kein Wunder, dass die Romantik gerade diese Sinfonie Mozarts besonders schätzte.